euphonies' excitement!

The journey of a girl struggling to follow God's principles in a bottom-line world.

Dienstag, Oktober 11, 2005

kontextualisierung über kaviar

Überraschung! Die Mitteilung kam heute Mittag per Telefon mit dem netten Anruf von einem Kollegen, den ich seit langem nicht mehr gesehen habe. Ich bin bald ein Jahr hier. Die freundliche Stimme erinnerte mich daran, dass ich kaum eine Telefonnummer über so eine lange Zeit hatte. Meinst du wirklich, 07621?
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Welch eine Offenbarung eigentlich - nicht, dass ich eine Durchwahl so lang behalten kann, sondern, dass ich noch hier bin. Ich dachte vor einem Jahr, ich würde sofort im Sudan oder in Prag Arbeit finden. Eigentlich war es fast ein Gebet, dass ich zunächst in Kairo arbeite, aber Gott hat wohl etwas Anderes überlegt. Wie man es am Anfang dieses Blogs lesen kann, habe ich mit einem interessanten Problem gekämpft - nicht mit Armut sondern mit Reichtum.
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Ich konnte problemlos damals schon alles aufopfern und mit dürftigen Menschen leben. Was ich nicht konnte (wollte), war mit wohlhabenden Leuten arbeiten. Und wo lande ich denn? In Genf, ja toll! Ich wollte nie reich werden und fand die allgemeine Atmosphäre der Stadt vom Anfang an, unecht und völlig überflüssig. Ich meine, wer läuft in 2005 schon mit einem echten Pelzmantel herum? Bevor ich sah es gibt auch in Genf 'normale' Leute, sagte ich mir ,,Gott, was sind denn das für Leute ohne Seele?"
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Ich kann mich genau daran erinnern, wie wütend ich abends nach der Arbeit immer darauf reagierte, als ich tagsüber erfahren habe, ,,wie viel sie verdient", ,,wie egoistisch er ist" und ,,wie viel er wohl absichtlich verschwendet". So traurig es klingt, habe ich sofort in diesem kleinen Herzen mächtig verurteilt und eine starke unsichtbare Grenze zwischen mir und den Anderen aufgebaut. Diese Mauern mussten spätestens zum Sommeranfang fallen, als ich merkte ich hatte durch meine Einstellung kaum zugang zu den Menschen. Zu ihren Herzen. Doch, lieber Leser, hinter dem Geldschutz, gibt's manchmal mehr als ein Portemonnaie zu sehen!
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Als ich neulich in einem bekannten Kaviar-Restaurant sass und irgendetwas für 1000 CHF /kg probierte (und eigentlich nur richtig essen wollte), konnte ich ein wenig mit meinem Lieferanten reden. Und glaub' mir, das Gespräch ging nicht nur um Fischeier. Meine Zahnpasta, mein Shampoo, mein Duschgel hatte ich wie sonst selbstverständlich in Aldi gekauft, und es hätte sein können, dass mein Gesprächspartner Aldi nicht einmal kannte. Aber gut, ich wusste wiederum nicht, dass man Lachseier vom Kaspischem Meer mit einem besonderen Sauerrahm geniessen muss.
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Um sich zu verständigen, habe ich in diesem Jahr gelernt, dass eine neue Sprache für meine neue Zielgruppe angefragt ist. [nebenbei ist diese Fähigkeit übrigens auch die Erfüllung einer Prophezeihung, die ich in meinem 12. Lebensjahr empfangen und seit dem irgendwo in der Ecke versteckt habe.] Diese Sprache muss ich erwerben ohne meine Eigene zu verlieren. Das heisst Kon-text-u-a-li-sierung und geht nur wenn ich meine Mitmenschen annehmen kann egal wie sie sind. Hey, schlussendlich tun sie das Gleiche mit mir. Doch, das ist eine Lektion von vielen, die ich dieses Jahr gelernt habe. Ist bestimmt etwas Wert.
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PS: Da ich trotz Preis vom leckeren Mittagessen garantiert nicht satt wurde, holte ich gleich im Anschluss Brote vom Supermarkt. Ich fuhr glücklich ins Büro. Glücklich mit meinen billigen (ich fand sie teuer genug) Broten und erstaunt mit der Offenheit des Gesprächs.

2 Comments:

  • At 7:38:00 AM, Anonymous Anonym said…

    "Das heisst Kon-text-u-a-li-sierung und geht nur wenn ich meine Mitmenschen annehmen kann egal wie sie sind."
    den anderen annehmen wie er ist - es ist ein wohl lebenslanger lernprozess. du bist geprägt (von deiner umwelt, deiner erziehung, deinen erlebnissen, deiner gemeinde usw.) und vergleichst den anderen natürlich mit deiner eigenen erfahrungswelt. und dann fangen wir oft an, den anderen so verändern zu wollen, dass er uns ähnlicher wird oder in unsere vorstellungen paasen sollte.
    jesus hat die leute auch genau da abgeholt, wo und wie sie lebten. die wirklich wichtigen veränderungen geschehen innerlich. gotteserkenntnis, gottesbeziehung. dass man das manchmal dann auch nach aussen wahrnimmt, das kann schon sein.
    hi, esther, ich freue mich für dich wegen dem kontakt.
    der herr segne dich weiterhin. und wenn es eben bei den reichen in genf ist. du weisst ja auch nie, wo man vielleicht in 5 jahren mal lebt:-)
    schalom und grüezi,
    DP

     
  • At 7:56:00 AM, Blogger euphonies said…

    Hey DP, schön von dir zu hören. Du schreibst: "Jesus hat die leute auch genau da abgeholt, wo und wie sie lebten. die wirklich wichtigen veränderungen geschehen innerlich." - die Herausforderung ist es eben, die Leute abzuholen, wie sie sind und erstmal zuzuhören bevor sie wie Euphonies werden :). Scherz, bevor sie hoffentlich Jesus in mir sehen können. Ist auf alle Fälle eine wichtige Erfahrung, weil es viel Mut gekostet hat. Ok, Herr, diese Lehre habe ich gelernt, was ist nun die nächste Erfahrung? Wo darf ich hin :) - eben, man weiss nie wo man vielleicht in 5 Jahren lebt. Ich freue mich bis dahin über die Kontakte "right here and now"*

     

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