leichte leistung?
Herr, Dr. Blog, der Tag war heute seltsam. Einerseits habe ich eine absolut faszinierende Erfahrung gehabt, weil wir endlich alle Stimmen-Sequenzen für ein Firmenprojekt aufnehmen konnten. Andererseits waren einige Sachen des Tages relativ traurig, reinmenschlich gesehen.
Ich war heute Nachmittag mit einem externen Kollegen lange in einem Studio in Genf am Aufnehmen, da ich die englische Stimme eines Firmen-Filmes mache. Die narrative Stimme hätte ursprünglich ansehnlich, weiblich und „sexy“ sein sollen und da ich ausgedrückt habe, dass ich („aber hallo – bin ja kein Sexobjekt, hier! Ihr könnt woanders mit der Nachfrage hingehen“) bestimmt die falsche Person für so etwas bin, hat die verantwortliche Person irgendeine andere überzeugende Ausrede benutzt, damit ich keine andere Wahl hatte. Und Bingo, Euphonies war plötzlich einige Stunden im Studio am Aufnehmen. Die Paar Stunden sind leider so kostbar für meine jetzige Arbeitsstelle. Es war genau die richtige Ablenkung von den zig Partnerschaftsverträgen, die ich gerade überprüfen darf (so kann man das betrachten) .. sowie genau die falsche Unterbrechung von der Koordination der nächsten „Jahres-Veranstaltung“ des Unternehmens, die (wie gehabt) nicht schnell genug vorankommt.
Die frz. männliche Stimme hat versucht mit meiner „Sexystimme“ (was für ein Scherz) melodisch zu singen und nach dem aufwärmen, konnten wir endlich anfangen. Wir haben in diesem einen Psychoraum am zweiten Stockwerk eines Studios geübt. Ich bezeichne es so, weil komischer Schaumstoff mich an einer Psychiatrie erinnert. Nicht, dass ich schon in einer Psychiatrischen Klinik aufgehoben war … ach EGAL, Herr Dr. Blog!
Haben ja ohne Ende geübt und die Texte dabei auch ein wenig kreativ umgeändert. Bin ja Euphonies! Die Ergebnis-CD ist eher gut geworden, aber sowie bei den Models wurde einiges korrigiert. ‚Aber das muss man doch nicht sagen, Euphonies! Nimm doch die Komplimente an, wenn du welche kriegst’ - sagte mir der nette Typ am Mischpult. Wozu? (dachte ich mir nur), die Stimme bleibt leicht zu erkennen und nur die Mundgeräusche wurden vom Soundtrack gelöscht.
Ich habe ein bisschen schauspielern können und schlussendlich mit meinem Partner gut in einem Team arbeiten können. Ich habe nebenbei ein Jobangebot bekommen, weil die Produzenten des Studios von der Arbeit überbegeistert waren und immer GB/US Stimmen suchen. Ich habe mit meiner Visitenkarte alle beruhigt auch wenn nicht daraus werden sollte. Witzig, wieso nicht.
Hier muss alles schnell gehen. Der Erfolg einer dynamischen Firma liegt oft einfach an ihrer Flexibilität (Projekte anzunehmen, Menschen zu rekrutieren usw) und genau das hat mich interessiert. Die Aufnahme wird in dieser Weise auch dringend gebraucht, da eine DVD bis nächste Woche unbedingt bereit sein muss. Aber das ist nicht die Ausnahme, viel mehr ist es die Regel. Alle größeren Firmen-Projekte fördern unter diesen Umständen, „Seele, Blut und Geist“ von den Mitarbeitern, weil alle Beteiligten es dauernd eilig haben. Ich verstehe selber nicht ganz wieso es immer so sein muss. Ferner weiß ich nicht wie man solche www.lastminute.biz-Aktionen am Einfachsten vermeiden kann. Ich denke eine Lösung wäre es, mehr Personal einzustellen, weniger Personen auf jedem Projekt zu konzentrieren sowie weniger Projekte überhaupt erst anzufangen. Eile schafft Druck und Druck bewirkt schlechte Laune. Druck mit schlechter Laune kreiert häufig auch, viele Fehler. „Wenn du es eilig hast, gehe langsam“ ist das Thema eines Tagesseminars des 5.Kongresses christlicher Führungskräfte in Nürnberg (übernächste Woche - wie sehr ich mich darauf Freue dorthin zu gehen ist fast schon unbeschreiblich). Dieses Thema gibt es also wahrscheinlich doch nicht umsonst.
Druck, Aufgaben schnell zu erledigen, ist also, wenn man es so betrachtet, nicht nur positiv. Menschen werden dabei schnell ausgelastet, machen eben Fehler und viele leiden Stumm darunter, da sie stets in der Angst leben. Krasser Zustand für erwachsenen Menschen! Das kann nicht gesund sein. Wenn Druck einen dazu zwingt, fragwürdige oder unethische Entscheidungen zu treffen, dann ist es meinetwegen falsch und sogar krank und unmoralisch. Das ist auch meine Grenze.
Diese Druckfrage berührt mich ohne Ende zur Zeit. Für mich persönlich ist es eine gute Lektion in HRM (Human Ressource Management) : Wie lernt man, sich um die Angestellten zu kümmern, damit sie Freude bei der Arbeit haben und dadurch mehr Leistung bringen? Muss man von Projekten und (schlimmer noch?) Menschen kontrolliert sein, gegen eigenen Werten zu gehen? Bis welcher Grenze wird Druck eigentlich dann zu Mobbing? Wie kann man effektiv leiten damit ein Gleichgewicht von Leitung und zufriedenen Mitarbeitern entsteht? So viele Fragen, die noch ohne Antworten bleiben, aber allmählich zum bearbeiten sein werden. Weder Management noch Angestellten hat es in Dienstleistung-KMUs und in Angesicht der Konkurrenz leicht. Das ist klar.
Ich leide allerdings mit einem lieben Kollegen, der ultrakompetent ist, aber langsam zu seiner ethischen Grenzen kommt und dieser Leistungsdruck nicht mehr haben will. Wenn du Mal hier über das obere stolpern solltest, der heutigen „Post“ ist für dich gewidmet mit diesem Kommentar hierzu: Ich verstehe was du erzählst. Ich habe dich lieb.
Kopf hoch, ja?
..
PS: Bitte, nicht falsch verstehen. Ich bin so dankbar für meine jetzige Situation, aus der ich täglich unheimlich viel lerne. Ich habe einige echt bezaubernde Kollegen und erhoffe, dass sie auch bleiben. Einige Tage werden nicht so leicht sein wie anderen, aber ab und zu muss jeder Mensch mit seinen Fragen und mit sich selbst klarkommen. Und noch wichtiger muss er vorankommen. So viel zu meiner Fragestellung ;).
0 Comments:
Kommentar veröffentlichen
<< Home